Montag, 11. August 2008

Spielbericht: Sieg gegen Tabellen-Zwoten Kiel

Die Dresden Monarchs haben am vergangenen Samstag überraschend und wohlverdient gegen den Zwoten der Bundesliga-Nord gewonnen. Die Königlichen schlugen die Kiel Baltic Hurricanes von Star-Trainer Kent Anderson zuhause im Heinz-Field knapp mit 24 zu 21.

Nach einer schnellen Führung der Gäste zum 0:6 (PAT nicht gut) fiel vorallem die mitgereiste Fan-Gruppe auf, und zwar negativ. Einer der "Fans" hatte eine Schiedsrichter-Pfeife dabei und lies es sich nicht nehmen, die Angriffe der Monarchs mit eben dieser zu begleiten, was dann tatsächlich gleich zu Beginn in einem wichtigen Vierten Versuch dazu führte, dass Dresdens Runningback Tony Hollings trotz breiter Lücke vor dem First Down stehen blieb und sich wutentbrannt nach dem vermeintlich und sinnloserweise abpfeifenden Schiri um blickte. Der war allerdings garnicht auf dem Feld, sondern saß im Block der Gästefans und freute sich über Vorteil Kiel. Der leitende Schiedsrichter Voigtländer wandte sich daraufhin mit mahnenden Worten an den Block, was die Gästefans mit belustigtem Kichern quittierten, daraufhin aber wenigstens die Pfeife ruhen ließen - weise Entscheidung, denn der nächste Einsatz hätte der Kieler Oberpfeife sicherlich den Rest des Wochenendes einen Aufenthalt in der Intensiv des Uniklinikums mit perianaler Ruptur beschert. Überraschenderweise, und durchaus auch ungewöhnlich zu erleben, verhielten sich die schätzungsweise 70 mitgereisten Fans im Anschluss sehr ruhig und feuerten ihre Mannschaft nur noch verhalten an. Die rund 1200 Monarchs-Fans dominierten nach ein paar Startschwierigkeiten klar die Kulisse, auch ohne nenneswerte Hilfe des leider nur durchschnittlich moderierenden Ersatzes für den den wohlverdienten Sommerurlaub genießenden Stamm-Stadionsprecher Günther 'Günni' Jagsch.

Die Monarchs indessen dominierten das Spiel. So durfte der geneigte Betrachter das beste Spiel der Backup-Offense unter 2nd QB Pepejin Mendonca erleben - der junge Holländer führte die Offense zielsicher über das Feld - die Pässe saßen, die Rushes gelangen.
Bemerkenswert war die Vielfalt der gewählten Spielzüge - nicht nur in der Implementierung, sondern auch in der Vorbereitung: zwei von drei Zügen hatte drei oder mehr Optionen, aus denen Pepe nach dem Snap noch wählen konnte: neben den obligatorischen zwei, drei sicheren Kurzpass-Empfängern wurde das Laufspiel auf ein neues Niveau gehoben und bildschön anzusehen umgesetzt. So wechselten sich Tony Hollings und Anthony Bingham ab, liefen aber häufig ähnliche Routen, mit der Möglichkeit für Pepe, an einem Punkt entweder Bingham oder Hollings den Ball zu übergeben, oder eben doch Pässe nach vorn oder an die Seite zu geben. Diese unmöglich lesbaren Aufstellungen führten zu viel Unsicherheit auf Seiten der Gäste, so dass sich ebendiese nicht wie sonst üblich darauf verlassen konnten, dass Tony Hollings durch die Mitte zu brechen versuchte, was in den vergangenen Spielen im Prinzip die erste Spielzugwahl der Coaches war, und in 9 von 10 Fällen scheiterte oder nur minimalen Raumgewinn brachte.

Die neue Variabilität im Angriff riss für Hollings häufiger Löcher in die Defense der Gäste, so dass der Ex-NFL-Runningback auch riesige Big-Plays wie ein 72-Yard-Touchdown-Rush in der zweiten Hälfte hinlegte, bei dem der Autor nebenbei bemerkt mangels Sauerstoff fast hintenüber gekippt wäre - ja, so ein Spielfeld der Länge nach zu durchqueren dauert so seine Zeit, auch wenn elf wütende Kieler hinter einem her sind.. und durchgängig schreien ist nunmal nicht gut für den Blut-Sauerstoffspiegel. Der kilometerlange Touchdown-Lauf (Spiel-Rückblick@4:04) war ein wichtiger Tropfen auf dem heissen Stein, denn der beste Runningback der Bundesliga dürfte mit 239 samstäglichen Rushing-Yards die magische 1 000-Yard-Grenze durchbrochen haben. Bravo!

Die Gäste glichen zwischenzeitlich ihren verpatzten PAT vom Anfang des Spiels mit einer 2-Point-Conversion aus, versagten später aber bei einem missglückten, geradezu arroganten Punt-Fake, der von der Kanadischen Eiche Jag Bal geblockt und fast noch als Fumble-Return gesichert worden wäre. Kurz darauf.. man traut sich kaum, es so zu formulieren ... zeigten die Dresdner dann, wie ein Punt-Fake aussieht. Im Vierten-Versuch und sieben Yards zu gehen, rund 30 Yards vor der Kieler Endzone stellte sich das Special-Team ganz normal auf, Ronny Freudenberg als Punter weit hinter der Schild-Formation zum Drop-Kick bereit, Lukas "Luke Skywalker" Wetzel als Halfback hinter der Line, ruft seine "O-RUN" calls in die Line.. tritt zurück ... alle Augen auf Ronny... und der Snap geht an Luke. Alle springen auf, Luke links vorbei an der Line, über den Down-Marker hinaus und noch drei Yards als Bonus oben drauf in das verdutzte Kieler Backfield. Firstdown Monarchs und das Heinz-Field bebt. (Spiel-Rückblick@3:35)

Kurz vor Ende versuchten die Gäste noch, den knappen Vorsprung der Gastgeber mit der Brechstange zu beseitigen, doch die Defense der Monarchs hielt im Moment der Wahrheit in vertraut zuverlässiger Weise stand und lies keine weiteren Punkte zu, so dass auch das zuverlässig funktionierende Uhrwerk bestehend aus QB Adrian Rainbow und RB Sascha Gerasimov, dass während des Spiels für steten Vortrieb und den Großteil der Punkte der Gäste sorgte, schliesslich stehen blieb und gar im vorletzten Drive nochmalige Liebesgrüße (Spiel-Rückblick@4:38) in einer Reihe von Quarterback-Sacks und harten Tackles von Jag gesandt bekam. Die Bilderbuch-Truppe von Kent Anderson musste sich zudem zwei Fumbles ins Kerbholz schneiden - beide gingen mit Vorteil Dresden für die Gäste verloren.

Die Schiris unter Herrn Voigtländer lieferten akzeptable Leistungen, obwohl eine Ejection.. eine rote Karte wegen Unsportlichem Verhalten gegenüber dem Dresdner Free Safety Lee Johnson, äusserst fragwürdig scheint. Der Letzte Mann hatte sich nach einem deutlichen Foul an einem Dresdner Passverteidiger etwas zu energisch in die nun folgende Konversation gestürzt, so dass wohl der Line Judge einen Faustschlag erkannt haben wollte. Mangels entsprechender Beschwerden von Seiten Kiels und der signifikanten Erfahrung des langjährigen Football-Profis Johnson kann allerdings davon ausgegangen werden, dass dies eine Übertreibung und Fehldeutung des Schiedsrichters war. Es drängt sich nach einem ähnlich fragwürdigen Ausschluss gegen Elias Betka im letzten Heimspiel die Frage auf, ob hier gegen Dresden die Ejection generell zu schnell bei der Hand ist. Johnson ist für das nächste Liga-Spiel gesperrt. Im Nachhinein ist jedoch nicht nachzuvollziehen, ob a) die Ejection berechtigt war, und b) wer die Ejection gegen Betka callte. Headref Voigtländer und sein Umpire Stullich sind jedenfalls für meine Begriffe über jeden Zweifel erhaben. (Da gibt es ganz andere Kaliber - zum Beispiel in München.. die lokalen Ringrichter hatten da wohl ein bisschen zu tief ins lokalpatriotische Weissbierglas geschaut, so dass sich selbst die sonst geradzu schmerzhaft unparteiischen Radio-Kommentatoren von radio.monarchs zur Schlussfolgerung hinreissen ließen, dass die Spielleiter gekauft worden waren.). Das Publikum verabschiedete kurz darauf die Gäste-Mannschaft (im letzten Zug Angriff auf den QB trotz angezeigtem Abknien, um die Uhr herunterlaufen zu lassen) und die Schiedsrichter mit ungekannten Buh-Rufen und Pfeifkonzerten in die Halbzeitpause.

Insgesamt war das Spiel ausnehmend spannend und hat lobenswerterweise aussergewöhnlich wenig beflaggte Strafen gesehen - war deshalb leider auch schon kurz vor Sechs vorbei (obwohl der Autor die Spannung noch länger wahrscheinlich eher nicht verkraftet hätte). Nachdem zeitgleich die Kölner Falken gegen Hamburg verloren, haben die Dresden Monarchs bereits jetzt ihr Saison-Ziel erreicht, sind vor der Relegation sicher und haben deshalb den Klassenerhalt geschafft. Es steht noch offen, wann 1st QB Dylan Meier aus der Reha (beim Hinspiel in Kiel Mittelfußbruch durch den selben Kieler, der Center Birnbaum im selben Spielzug das Schienbein brach) zurückkehrt, und ob Mendonca dementsprechend noch häufiger zeigen kann, was am Samstag aus ihm hervorgebrochen ist.

Zum spannendsten Heimspiel der Saison gab es bereits am Sonntag das übliche Zusatzmaterial:

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Kurzer Hinweis: Headref war in dem Spiel Jörg Voitgländer und nicht Rainer Stullich. Der war lediglich Umpire.

Schmiddi hat gesagt…

Da haste natürlich recht.. nicht richtig in die Statistik geguckt :/ und die Erinnerung ans Spiel ist so komisch verschwommen ;) Danke für den Hinweis :)