Dienstag, 27. April 2010

Dunkle Materie und Spiegelwelten

Ein ganz großes Forschungsthema zur Zeit ist die so genannte Dunkle Materie.

Vereinfacht gesagt reicht die Masse der sichtbaren, normalen Materie und der sichtbaren, normalen Energie nicht aus, um die Struktur und das Verhalten des sichtbaren Universums hinreichend genau zu erklären. Vielmehr scheint es, dass das Universum zum überwiegenden Teil (72%) mit Dunkler Energie angefüllt ist, zu einem kleinen Teil mit Dunkler Materie (23%) und die "normale" Materie (Hadronen (Baryonen, Mesonen), Leptonen, ...) nur 5% ausmacht.
"Dunkel" ist in diesem Zusammenhang nicht als "Schwarz" im herkömmlichen Sinne zu verstehen, sondern als "mangels Interaktion mit normaler Materie schwer nachweisbar". Kurzum: uns fehlen die biologischen und technischen Mittel, die Dunklen Kollegen direkt zu erfassen und nachweisen zu können, denn sie interagieren nicht mit unseren Freunden, den elektromagnetischen Wellen, wie etwa Licht oder Radar. Bisher fand der Nachweis über den gravitationalen Einfluss der beiden Dunklen Formen statt, indem etwa aus dem Abbild einer Gravitationslinse die notwendige Masseverteilung ermittelt wurde, diese sich aber nicht detektieren ließ, womit die Dunkle Materie als Verursacher vermutet wurde.

Dunkle Materie, nachgewiesen durch den Gravitationslinseneffekt.
(Bild: NASA / Public Domain)


Was ich mich nun vor ein paar Tagen gefragt habe: Wenn da draußen ein Großteil der Materie nicht greifbar, nicht nachweisbar ist, und ein Großteil der Energie ebenso wenig, unterliegen wir dann nicht einer anthropozentrischen Falschnomenklatur? Unsere Materie ist nicht normal - unsere Materie ist der Außenseiter, die Abweichung von der Norm. Die Dunkle Materie ist das, was normal ist. Was ist, wenn um uns, in uns, und überall sonst Dunkle Materie ist, die sich quasi genauso verhält wie normale Materie, von der wir aber nichts mitbekommen? Dann könnte es doch sein, dass wir nur den Hinterhof, das Kuriositätenkabinett des Universums zu sehen bekommen, und das eigentliche Universum Dunkel ist - für uns auf ewig unmittelbar unfassbar.

Verteilung der Dunklen Materie in einem scheinbar leeren Abschnitt des Universums.
(Bild: NASA / Public Domain)

Einen Artikel, den ich heute gelesen habe, formuliert das aus: Es könnte sein, dass die Welt der Dunklen Energie und der Dunklen Materie eine Spiegelwelt ist, die mit der unseren nur sehr schwach und hauptsächlich über Gravitation interagiert, sich selbstbezüglich aber genauso verhält wie normale Materie. Ein ganzes Universum, dem unseren überlagert - ganz ohne die Postulierung von zusätzlichen Dimensionen und was nicht alles. Wenn das tatsächlich so ist, dann steht als nächstes die Anwendung des Kopernikanischen Prinzips zu Buche!

Die Kernaussage: Wir sind nichts besonderes. Wir - ein jeder von uns, zu jedem Zeitpunkt, bei der Beobachtung eines beliebigen Ereignisses - sind Mittelmaß. Die Schlussfolgerung: In der Welt der Dunklen Materie gibt es noch viel mehr Zivilisationen als in unserer Materiewelt. Vielleicht wundern sie sich über die 5% fehlende Materie, ohne die die Dynamik ihrer eigenen Welt nicht endgültig und vollkommen erklärbar ist, und sie nennen diese 5% - unsere 5% - uns - Dunkle Materie. Und auch sie haben keine Möglichkeit, mit uns zu interagieren und unsere Welt unmittelbar wahrzunehmen.

Ich finde diesen Gedankengang "mind-blowing". Und ein bisschen gruselig - E.T. könnte in diesem Moment durch Sie hindurchgeflogen sein. Uns Sie hättens noch nicht mal gemerkt, wenn ich es Ihnen nicht verraten hätte..

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